Privatarchiv | Sengewald, Barbara |
Bezugsorte | Erfurt |
Umfang | 1,9 lfm., Fotosammlung |
Zeitraum | 1987 – 99 |
Stichworte | |
Erschließung | Datenbank |
Signatur | P-SeB |
Der Sammlungsbestand von Barbara Sengewald (geb. Weisshuhn), Jahrgang 1953, ist beredtes Beispiel gesellschaftspolitischen Engagements von Frauen in der Bürgerbewegung 1989/1990.
Die Samisdatsammlung von Sengewald aus den Jahren 1987 bis 1989 umfasst „Wohnsinn“ und „Spuren. Zur Geschichte der Friedensbewegung in der DDR“ des Radix-Verlages Berlin, „Nachdruck“ vom Friedenskreis Merseburg, „Fußnote 3“ der Initiative Frieden und Menschenrechte Berlin, „Vaclav Havel“ der Redaktionen Kontext und Ostkreuz Berlin, „Urkunde. Vierzig Jahre Warten“ von Bärbel Bohley, Katja Havemann, Irena Kukutz und Reinhard Weisshuhn sowie „Gedächtnisprotokolle. Tage und Nächte nach dem 7. Oktober 1989“ vom Stadtjugendpfarramt Berlin. Aufrufe und Flugblätter oppositioneller Gruppen sowie ein Pressespiegel dokumentieren die Ausreisewelle im Sommer 1989 und die Bürgerbewegung im Herbst 1989.
Im Oktober 1989 ist Sengewald Mitbegründerin der Erfurter Frauengruppe „Frauen für Veränderung“, ab Dezember 1989 engagiert sie sich im Bürgerkomitee zur Auflösung des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) Erfurt und ist am 4. Dezember 1989 bei der Besetzung der Bezirksverwaltung des MfS in Erfurt aktiv beteiligt. Die Sammlung enthält Geschäftsordnung, Positionspapiere, Forderungen, Flugblätter, Korrespondenzen, Redeskripte und Protokolle des Bürgerkomitees (Dezember 1989 bis Juni 1990) sowie Protokolle des Bürgerrates Erfurt (Dezember 1989 bis März 1990). Außerdem sind Fotografien einer Erfurter Donnerstagsdemonstration, eines Friedensgebetes in der Predigerkirche Erfurt, einer Kundgebung des Bürgerkomitees auf dem Domplatz Erfurt sowie Fotos von „Frauen für Veränderung“ überliefert. Am 7. Februar 1990 beschließt der Runde Tisch der Stadt Erfurt, auf Vorschlag des Oberbürgermeisters, bis zur Kommunalwahl im Mai 1990 ein Interimsparlament zu bilden, welches die Aufgaben der bisherigen Stadtverordnetenversammlung übernehmen soll. Als dieses am 21. Februar 1990 seine Arbeit aufnimmt, ist Sengewald für das Bürgerkomitee als ständiges Mitglied vertreten. Im Bestand befinden sich Antragsvorlagen und Sitzungsprotokolle aus ihrer Mitarbeit im Interimsparlament der Stadt Erfurt, Materialien zur Kommunalwahl im Mai 1990 und Anträge an den Runden Tisch Erfurt. Gleichzeitig ist Sengewald von 1989 bis 1991 Mitglied des Neuen Forums Thüringen. Hier sind Positionspapiere, Programm, Statut, Erklärungen, Korrespondenzen, Rundbriefe sowie Sitzungsprotokolle von Arbeitsgruppensprechersitzungen, Bezirkssprechersitzungen und Fraktionssitzungen sowie ein Transparent „Neues Forum zulassen“ erhalten. Hinzu kommen Materialien von Bündnis 90, insbesondere zur Gründungsversammlung im September 1991 in Potsdam und zur Gründungsversammlung des Landesverbandes Thüringen im Oktober 1991 in Neudietendorf.
Ende der 1990er Jahre engagiert sich Sengewald für die Aufarbeitung der SED-Diktatur und ist 1999 Mitbegründerin des Vereins Gesellschaft für Zeitgeschichte e.V. Im Juli 1999 organisiert der Verein in der Erfurter Andreaskirche die Gesprächsrunde und gleichnamige Ausstellung „Frauenwut – Frauenmut – Frauen für Veränderung – 10 Jahre danach“. Ein Tonmitschnitt dokumentiert diese Veranstaltung. Anlässlich des 10-jährigen Bestehens des Erfurter Bürgerkomitees erstellt der Verein im Jahr 1999 den filmischen Rückblick „Der Herbst 1989 in Erfurt“ und die Ausstellung „10 Jahre deutsche Einheit – 10 Jahre demokratische Mitgestaltung“. Film- und Ausstellungstexte sind überliefert.